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Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
vom 4. November 1950, geändert durch Protokoll Nr. 11 vom 11.5.1994
Für die Bundesrepublik Deutschland gültig durch Gesetz vom 7. August
1952 (BGBl. 1952 Teil II S. 685); die Konvention ist am 3. 9. 1953
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten.
Das Protokoll Nr. 11 vom 11.5.1994, welches den Abschnitt 2 der
Konvention änderte, ist für die Bundesrepublik Deutschland durch
Gesetz vom 24.7.1995 (BGBl. 1995 Teil II, S. 578) in Kraft getreten.
Präambel
ln Erwägung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die von der
Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948
verkündet wurde;
in der Erwägung, daß diese Erklärung bezweckt , die allgemeine und
wirksame Anerkennung und Einhaltung der darin erklärten Rechte zu
gewährleisten;
in der Erwägung , daß das Ziel des Europarates die Herbeiführung
einer größeren Einigkeit unter seinen Mitgliedern ist und daß eines
der Mittel zur Erreichung dieses Zieles in der Wahrung und in der
Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten besteht;
unter erneuter Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an diese
Grundfreiheiten, welche die Grundlage der Gerechtigkeit und des
Friedens in der Welt bilden, und deren Aufrechterhaltung wesentlich
auf einem wahrhaft demokratischen politischen Regime einerseits und
auf einer gemeinsamen Auffassung und Achtung der Menschenrechte
andererseits beruht, von denen sie sich herleiten;
entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die vom gleichen
Geiste beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an geistigen Gütern,
politischen šberlieferungen, Achtung der Freiheit und Vorherrschaft
des Gesetzes besitzen, die ersten Schritte auf dem Wege zu einer
kollektiven Garantie gewisser in der Allgemeinen Erklärung
verkündeter Rechte zu unternehmen;
vereinbaren die unterzeichnenden Regierungen und Mitglieder des
Europarates folgendes:
Artikel 1 Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte
Die Hohen Vertragschließenden Teile sichern allen ihrer
Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser
Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu.
Abschnitt I
Artikel 2 Recht aller auf Leben
(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt.
Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem
Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten
Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung
nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet,
wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung
ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger
Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen
einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
e) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu
unterdrücken.
Artikel 3 Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender
Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Artikel 4 Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu
verrichten. (3) Als "Zwangs- oder Pflichtarbeit" im Sinne dieses
Artikels gilt nicht:
a) jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die
unter den von Artikel 5 der vorliegenden Konvention vorgesehenen
Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;
b) jede Dienstleistung militärischen Charakters, oder im Falle der
Verweigerung aus Gewissensgründen in Ländern, wo diese als berechtigt
anerkannt ist, eine sonstige anstelle der militärischen Dienstpflicht
tretende Dienstleistung;
c) jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die
das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen,
d) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen
Bürgerpflichten gehört.
Artikel 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit
(1) Jeder Mensch hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die
Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf
dem gesetzlich vorgeschriebenen Wege entzogen werden:
a) wenn er rechtmäßig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht
in Haft gehalten wird;
b) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten
wird wegen Nichtbefolgung eines rechtmäßigen Gerichtsbeschlusses oder
zur Erzwingung der Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen
Verpflichtung;
c) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten
wird zum Zwecke seiner Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde,
sofern hinreichender Verdacht dafür besteht, daß der Betreffende eine
strafbare Handlung begangen hat, oder begründeter Anlaß zu der
Annahme besteht, daß es notwendig ist, den Betreffenden an der
Begehung einer strafbaren Handlung oder an der Flucht nach Begehung
einer solchen zu hindern;
d) wenn es sich um die rechtmäßige Haft eines Minderjährigen handelt,
die zum Zwecke überwachter Erziehung angeordnet ist, oder um die
rechtmäßige Haft einer solchen, die zwecks Vorführung vor die
zuständige Behörde verhängt ist;
e) wenn er sich in rechtmäßiger Haft befindet, weil er eine
Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten bildet,
oder weil er geisteskrank, Alkoholiker, rauschgiftsüchtig oder
Landstreicher ist;
f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten
wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet
einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden
Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.
(2) Jeder Festgenommene muß unverzüglich und in einer ihm
verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und über die
gegen ihn erhobenen Beschuldigungen unterrichtet werden.
(3) Jede nach der Vorschrift des Absatzes 1 c dieses Artikels
festgenommene oder in Haft gehaltene Person muß unverzüglich einem
Richter oder einem anderen, gesetzlich zur Ausübung richterlicher
Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt werden. Er hat Anspruch
auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf
Haftentlassung während des Verfahrens. Die Freilassung kann von der
Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig
gemacht werden.
(4) Jeder, der seiner Freiheit durch Festnahme oder Haft beraubt ist,
hat das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht
unverzüglich über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden wird und im
Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird.
(5) Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels von
Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat Anspruch auf
Schadenersatz.
Artikel 6 Recht auf ein faires Verfahren
(1) Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise
öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und
zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden
Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder
über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen
Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muß öffentlich verkündet
werden, jedoch kann die Presse und die ™ffentlichkeit während der
gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der
Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit
in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die
Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der
Prozeßparteien es verlangen oder, und zwar unter besonderen
Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der
Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem
nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.
(2) Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß
der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.
(3) Jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere
(französischer Text) die folgenden Rechte:
a) unverzüglich in einer für ihn verständlichen Sprache in allen
Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen
Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden;
b) über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner
Verteidigung zu verfügen;
e) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers
seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur
Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand
eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der
Rechtspflege erforderlich ist;
d) Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen
und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben
Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken;
e) die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen,
wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich
nicht darin ausdrücken kann.
Artikel 7 Keine Strafe ohne Gesetz
(1) Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt
werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder
internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine höhere
Strafe als die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung
angedrohte Strafe verhängt werden.
(2) Durch diesen Artikel darf die Verurteilung oder Bestrafung einer
Person nicht ausgeschlossen werden, die sich einer Handlung oder
Unterlassung schuldig gemacht hat, welche im Zeitpunkt ihrer Begehung
nach den von den zivilisierten Völkern allgemein anerkannten
Rechtsgrundsätzen strafbar war.
Artikel 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und
Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses
Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich
vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer
demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die
öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes,
die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren
Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz
der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Artikel 9 Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
(1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und
Religionsfreiheit; dieses Recht umfaßt die Freiheit des einzelnen zum
Wechsel der Religion oder der Weltanschauung, sowie die Freiheit,
seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit
anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, durch
die Ausführung und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben.
(2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand
anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer
demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der
öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und
Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.
Artikel 10 Freiheit der Meinungsäußerung
(1) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht
schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und
zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher
Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel
schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder
Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit
sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen
Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafandrohungen
unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer
demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit,
der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit,
der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des
Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes
oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen
Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit
der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind.
Artikel 11 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und
sich frei mit anderen zusammenzuschließen, einschließlich des Rechts,
zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen
beizutreten.
(2) Die Ausübung dieser Rechte darf keiner anderen Einschränkungen
unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer
demokratischen Gesellschaft im Interesse der äußeren und inneren
Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der
Verbrechensverhütung, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder
zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser
Artikel verbietet nicht, daß die Ausübung dieser Rechte für
Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung
gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.
Artikel 12 Recht auf Eheschließung
Mit Erreichung des Heiratsalters haben Männer und Frauen das Recht,
eine Ehe einzugehen und eine Familie nach den nationalen Gesetzen,
die die Ausübung dieses Rechts regeln, zu gründen.
Artikel 13 Recht auf wirksame Beschwerde
Sind die in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und
Freiheiten verletzt worden, so hat der Verletzte das Recht, eine
wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, selbst
wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in
amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.
Artikel 14 Verbot der Benachteiligung
Der Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und
Freiheiten muß ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse,
Hautfarbe, Sprache, Religion, politischen oder sonstigen
Anschauungen, nationalen oder sozialen Herkunft, Zugehörigkeit zu
einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder des
sonstigen Status gewährleistet werden.
Artikel 15 Außerkraftsetzen im Notstandsfall
(1) Im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen
Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, kann jeder der Hohen
Vertragschließenden Teile Maßnahmen ergreifen, welche die in dieser
Konvention vorgesehenen Verpflichtungen in dem Umfang, den die Lage
unbedingt erfordert, und unter der Bedingung außer Kraft setzen, daß
diese Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den sonstigen
völkerrechtlichen Verpflichtungen stehen.
(2) Die vorstehende Bestimmung gestattet kein Außerkraftsetzen des
Artikels 2 außer bei Todesfällen, die auf rechtmäßige
Kriegshandlungen zurückzuführen sind, oder der Artikel 3, 4 (Absatz
1) und 7.
(3) Jeder Hohe Vertragschließende Teil, der dieses Recht der
Außerkraftsetzung ausübt, hat den Generalsekretär des Europarats
eingehend über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe zu
unterrichten. Er muß den Generalsekretär des Europarats auch über den
Zeitpunkt in Kenntnis setzen, in dem diese Maßnahmen außer Kraft
getreten sind und die Vorschriften der Konvention wieder volle
Anwendung finden.
Artikel 16 Beschränkung der politischen Tätigkeit von Ausländern
Keine der Bestimmungen der Artikel 10, 11 und 14 darf so ausgelegt
werden, daß sie den Hohen Vertragschließenden Parteien verbietet, die
politische Tätigkeit von Ausländern Beschränkungen zu unterwerfen.
Artikel 17 Begrenzung der Rechtseinschränkungen
Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt werden, daß
sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht
begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen,
die auf die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention
festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende
Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in der Konvention
vorgesehen, hinzielt.
Artikel 18 Verbot des Mißbrauchs der Rechte
Die nach der vorliegenden Konvention gestatteten Einschränkungen
dieser Rechte und Freiheiten dürfen nicht für andere Zwecke als die
vorgesehenen angewandt werden.
Abschnitt II: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Artikel 19 Errichtung des Gerichtshofs
Um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, welche die
Hohen Vertragschließenden Teile in dieser Konvention und den
Protokollen dazu übernommen haben, wird ein Europäischer Gerichtshof
für Menschenrechte, im folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet,
errichtet. Er nimmt seine Aufgaben als ständiger Gerichtshof wahr.
Artikel 20 Zahl der Richter
Die Zahl der Richter des Gerichtshofs entspricht derjenigen der Hohen
Vertragsschließenden Teile. .
Artikel 21 Voraussetzungen für das Amt
(1) Die Richter müssen hohes sittliches Ansehen genießen und entweder
die für die Ausübung hoher richterlicher Žmter erforderlichen
Voraussetzungen erfüllen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf
sein.
(2) Die Richter gehören dem Gerichtshof in ihrer persönlichen
Eigenschaft an.
(3) Während der Amtszeit dürfen die Richter keine Tätigkeit ausüben,
die mit ihrer Unabhängigkeit, ihrer Unparteilichkeit oder mit den
Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar
ist; alle Fragen, die sich aus der Anwendung dieses Absatzes ergeben,
werden vom Gerichtshof entschieden.
Artikel 22 Wahl der Richter
(1) Die Richter werden von der Paarlamentarischen Versammlung für
jeden Hohen Vertragsschließenden Teil mit Stimmenmehrheit aus einer
Liste von drei Kandidaten gewählt, die von dem Hohen
Vertragsschließenden Teil vorgeschlagen werden.
(2) Dasselbe Verfahren wird angewendet, um den Gerichtshof im Falle
des Beitritts neuer Hoher Vertragsschließender Teile zu ergänzen und
um freigewordene Sitze zu besetzen.
Artikel 23 Amtszeit
(1) Die Richter werden für sechs Jahre gewählt. Ihre Wiederwahl ist
zulässig. Jedoch endet die Amtszeit der Hälfte der bei der ersten
Wahl gewählten Richter nach drei Jahren.
(2) Die Richter, deren Amtszeit nach drei Jahren endet, werden vom
Generalsekretär des Europarats durch das Los bestimmt.
(3) Um soweit wie möglich sicherzustellen, daß die Hälfte der Richter
alle 3 Jahre neu gewählt wird, kann die Parlamentarische Versammlung
vor jeder späteren Wahl beschließen, daß die Amtsdauer eines oder
mehrerer der zu wählenden Richter nicht sechs Jahre betragen soll,
wobei diese Amtszeit weder länger als neun noch kürzer als drei
Jahre sein darf.
(4) Sind mehrere Žmter zu besetzen und wendet die Parlamentarische
Versammlung Absatz 3 an, so wird die Zuteilung der Amtszeiten vom
Generalsekretär des Europarats unmittelbar nach der Wahl durch das
Los bestimmt.
(5) Ein Richter, der anstelle eines Richters gewählt wird, dessen
Amtszeit noch nicht abgelaufen ist, übt sein Amt für die restliche
Amtszeit seines Vorgängers aus.
(6) Die Richter bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt.
Sie bleiben jedoch in den Rechtssachen tätig, mit denen sie bereits
befaßt sind.
Artikel 24 Entlassung
Ein Richter kann nur entlassen werden, wenn die anderen Richter mit
Zweidrittelmehrheit entscheiden, daß er die erforderlichen
Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Artikel 25 Kanzlei und wissenschaftliche Mitarbeiter
Der Gerichtshof hat eine Kanzlei, deren Aufgaben und Organisation in
der Verfahrensordnung des Gerichtshofs festgelegt werden. Der
Gerichtshof wird durch wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützt.
Artikel 26 Plenum des Gerichtshofs
Das Plenum des Gerichtshofs
a) wählt seinen Präsidenten und einen oder zwei Vizepräsidenten für
drei Jahre; ihre Wiederwahl ist zulässig,
b) bildet Kammern für einen bestimmten Zeitraum, c) wählt die
Präsidenten der Kammern des Gerichtshofs; ihre Wiederwahl ist
zulässig,
d) beschließt die Verfahrensordnung des Gerichtshofs und e.) wählt
den Kanzler und einen oder mehrere stellvertretende Kanzler.
Artikel 27 Ausschüsse, Kammern und Große Kammer
(1) Zur Prüfung der Rechtssachen, die bei ihm anhängig gemacht
werden, tagt der Gerichtshof in Ausschüssen mit drei Richtern, in
Kammern mit sieben Richtern und in einer Großen Kammer mit siebzehn
Richtern. Die Kammern des Gerichtshofs bilden die Ausschüsse für
einen bestimmten Zeitraum.
(2) Der Kammer und der Großen Kammer gehört von Amts wegen der für
den als Partei beteiligten Staat gewahrte Richter oder, wenn ein
solcher nicht vorhanden ist oder er an den Sitzungen nicht teilnehmen
kann, eine von diesem Staat benannte Person an, die in der
Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen teilnimmt.
(3) Der Großen Kammer gehören ferner der Präsident des Gerichtshofs,
die Vizepräsidenten, die Präsidenten der Kammern und andere nach der
Verfahrensordnung des Gerichtshofs ausgewählte Richter an. Wird eine
Rechtsache nach Artikel 43 an die Große Kammer verwiesen, so dürfen
Richter der Kammer, die das Urteil gefällt hat, der Großen Kammer
nicht angehören; das gilt nicht für den Präsidenten der Kammer und
den Richter, welcher in der Kammer für den als Partei beteiligten
Staat mitgewirkt hat.
Artikel 28 Unzulässigkeitserklärungen der Ausschüsse
Ein Ausschuß kann durch einstimmigen Beschluß eine nach Artikel 34
erhobene Individualbeschwerde für unzulässig erklären oder im
Register streichen, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere
Prüfung getroffen werden kann. Die Entscheidung ist endgültig.
Artikel 29 Entscheidungen der Kammern über die Zulässigkeit und
Begründetheit
(1) Ergeht keine Entscheidung nach Artikel 28, so entscheidet eine
Kammer über die Zulässigkeit und Begründetheit der nach Artikel 34
erhobenen Individualbeschwerden.
(2) Eine Kammer entscheidet über die Zulässigkeit und Begründetheit
der nach Artikel 33 erhobenen Staatenbeschwerden.
(3) Die Entscheidung über die Zulässigkeit ergeht gesondert, sofern
nicht der Gerichtshof in Ausnahmefällen anders entscheidet.
Artikel 30 Abgabe der Rechtssache an die Große Kammer
Wirft eine bei einer Kammer anhängige Rechtssache eine schwerwiegende
Frage der Auslegung dieser Konvention oder der Protokolle dazu auf
oder kann die Entscheidung einer ihr vorliegenden Frage zu einer
Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs führen, so kann
die Kammer diese Sache jederzeit, bevor sie ihr Urteil gefällt hat,
an die Große Kammer abgeben, sofern nicht eine Partei widerspricht.
Artikel 31 Befugnisse der Großen Kammer
Die Große Kammer
a) entscheidet über nach Artikel 33 oder Artikel 34 erhobene
Beschwerden, wenn eine Kammer die Rechtssache nach Artikel 30 an sie
abgegeben hat oder wenn die Sache nach Artikel 43 an sie verwiesen
worden ist, und
b) behandelt Anträge nach Artikel 47 auf Erstattung von Gutachten.
Artikel 32 Zuständigkeit des Gerichtshofs
(1) Die Zuständigkeit des Gerichtshofs umfaßt alle die Auslegung und
Anwendung dieser Konvention und der Protokolle dazu betreffenden
Angelegenheiten, mit denen er nach den Artikeln 33, 34 und 47 befaßt
wird.
(2) Besteht Streit über die Zuständigkeit des Gerichtshofs so
entscheidet der Gerichtshof.
Artikel 33 Staatenbeschwerden
Jeder Hohe Vertragschließende Teil kann den Gerichtshof wegen jeder
behaupteten Verletzung dieser Konvention und der Protokolle dazu
durch einen anderen Hohen Vertragschließenden Teil anrufen.
Artikel 34 Individualbeschwerden
Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen
Organisation oder Personengruppe, die behauptet, durch einen der
Hohen Vertragschließenden Teile in einem der in dieser Konvention
oder den Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein, mit
einer Beschwerde befaßt werden. Die Hohen Vertragschließenden Teile
verpflichten sich, die wirksame Ausübung dieses Rechts nicht zu
behindern.
Artikel 35 Zulässigkeitsvoraussetzungen
(1) Der Gerichtshof kann sich mit einer Angelegenheit erst nach
Erschöpfung alter innerstaatlichen Rechtsbehelfe in šbereinstimmung
mit den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts und nur
innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen
innerstaatlichen Entscheidung befassen.
(2) Der Gerichtshof befaßt sich nicht mit einer nach Artikel 34
erhobenen Individualbeschwerde, die
a) anonym ist oder
b) im wesentlichen mit einer schon vorher vom Gerichtshof geprüften
Beschwerde übereinstimmt oder schon einer anderen internationalen
Untersuchungs oder Vergleichsinstanz unterbreitet worden ist und
keine neuen Tatsachen enthält.
(3) Der Gerichtshof erklärt eine nach Artikel 34 erhobene
Individualbeschwerde für unzulässig, wenn er sie für unvereinbar mit
dieser Konvention oder den Protokollen dazu, für offensichtlich
unbegründet oder für einen Mißbrauch des Beschwerderechts hat
(4) Der Gerichtshof weist eine Beschwerde Zurück, die er nach diesem
Artikel für unzulässig hab Er kann dies in jedem Stadium des
Verfahrens tun.
Artikel 36 Beteiligung Dritter
(1) in aßen bei einer Kammer oder der Großen Kammer anhängigen
Rechtssachen ist der Hohe Vertragschließende Teil, dessen
Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer besitzt, berechtigt,
schriftliche Stellungnahmen abzugeben und an den mündlichen
Verhandlungen teilzunehmen.
(2) im Interesse der Rechtspflege kann der Präsident des Gerichtshofs
jedem Hohen Vertragschließenden Teil, der in dem Verfahren nicht
Partei ist, oder jeder betroffenen Person, die nicht Beschwerdeführer
ist, Gelegenheit geben, schriftlich Stellung zu nehmen oder an den
mündlichen Verhandlungen teilzunehmen.
Artikel 37 Streichung von Beschwerden
(1) Der Gerichtshof kann jederzeit während des Verfahrens
entscheiden, eine Beschwerde in seinem Register zu streichen, wenn
die Umstände Grund zur Annahme geben, daß
a) der Beschwerdeführer seine Beschwer de nicht weiterzuverfolgen
beabsichtigt, b) die Streitigkeit einer Losung zugeführt worden ist
oder
c) eine weitere Prüfung der Beschwerde aus anderen vom Gerichtshof
festgestellten Gründen nicht gerechtfertigt ist. Der Gerichtshof
setzt jedoch die Prüfung der Beschwerde fort, wenn die Achtung der
Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu
anerkannt sind, dies erfordert.
(2) Der Gerichtshof kann die Wiedereintragung einer Beschwerde in
sein Register anordnen, wenn er dies den Umständen nach für
gerechtfertigt hat.
Artikel 38 Prüfung der Rechtssache und gütliche Einigung
(1) Erklärt der Gerichtshof die Beschwerde für zulässig, so
a) setzt er mit den Vertretern der Parteien die Prüfung der
Rechtssache fort und nimmt, falls erforderlich, Ermittlungen vor; die
betreffenden Staaten haben alle zur wirksamen Durchführung der
Ermittlungen erforderlichen Erleichterungen zu gewahren;
b) halt er sich zur Verfügung der Parteien mit dem Ziel, eine
gütliche Einigung auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte,
wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind,
zu erreichen.
(2) Das Verfahren nach Absatz 1 Buchstabe b ist vertraulich.
Artikel 39 Gütliche Einigung
Im Fall einer gütlichen Einigung streicht der Gerichtshof durch eine
Entscheidung, die sich auf eine kurze Angabe des Sachverhalts und der
erzielten Lösung beschrankt, die Rechtssache in seinem Register.
Artikel 40 ™ffentliche Verhandlung und Akteneinsicht
(1) Die Verhandlung ist öffentlich, soweit nicht der Gerichtshof auf
Grund besonderer Umstände anders entscheidet.
(2) Die beim Kanzler verwahrten Schriftstücke sind der ™ffentlichkeit
zugänglich, soweit nicht der Präsident des Gerichtshofs anders
entscheidet.
Artikel 41 Gerechte Entschädigung
Stellt der Gerichtshof fest, daß diese Konvention oder die Protokolle
dazu verletzt worden sind, und gestattet das innerstaatliche Recht
des beteiligten Hohen Vertragschließenden Teiles nur eine
unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung, so
spricht der Gerichtshof der verletzten Partei eine gerechte
Entschädigung zu, wenn dies notwendig ist.
Artikel 42 Urteile der Kammern
Urteile der Kammern werden nach Maßgabe des Artikels 44 Absatz 2
endgültig.
Artikel 43 Verweisung an die Große Kammer
(1) Innerhalb von drei Monaten nach dem Datum des Urteils der Kammer
kann jede Partei in Ausnahmefallen die Verweisung der Rechtssache an
die Große Kammer beantragen.
(2) Ein Ausschuß von fünf Richtern der Großen Kammer nimmt den Antrag
an, wenn die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung oder
Anwendung dieser Konvention oder der Protokolle dazu oder eine
schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft.
(3) Nimmt der Ausschuß den Antrag an, so entscheidet die Große Kammer
die Sache durch Urteil.
Artikel 44 Endgültige Urteile
(1) Das Urteil der Großen Kammer ist endgültig.
(2) Das Urteil einer Kammer wird endgültig, a) wenn die Parteien
erklären, daß sie die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer
nicht beantragen werden,
b) drei Monate nach dem Datum des Urteils, wenn nicht die Verweisung
der Rechtssache an die Große Kammer beantragt worden ist, oder
c) wenn der Ausschuß der Großen Kammer den Antrag auf Verweisung nach
Artikel 43 abgelehnt hat.
(3) Das endgültige Urteil wird veröffentlicht.
Artikel 45 Begründung der Urteile und Entscheidungen
(1) Urteile sowie Entscheidungen, mit denen Beschwerden für zulässig
oder für unzulässig erklärt werden, werden begründet.
(2) Bringt ein Urteil ganz oder teilweise nicht die übereinstimmende
Meinung der Richter zum Ausdruck, so ist jeder Richter berechtigt,
seine abweichende Meinung darzulegen.
Artikel 46 Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile
(1) Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, in allen
Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des
Gerichtshofs zu befolgen.
(2) Das endgültige Urteil des Gerichtshofs ist dem Ministerkomitee
zuzuleiten; dieses überwacht seine Durchführung.
Artikel 47 Gutachten
(1) Der Gerichtshof kann auf Antrag des Ministerkomitees Gutachten
über Rechtsfragen erstatten, welche die Auslegung dieser Konvention
und der Protokolle dazu betreffen
(2) Diese Gutachten dürfen keine Fragen zum Gegenstand haben, die
sich auf den Inhalt oder das Ausmaß der in Abschnitt I dieser
Konvention und in den Protokollen dazu anerkannten Rechte und
Freiheiten beziehen, noch andere Fragen, über die der Gerichtshof
oder das Ministerkomitee auf Grund eines nach dieser Konvention
eingeleiteten Verfahrens zu entscheiden haben konnte.
(3) Der Beschluß des Ministerkomitees, ein Gutachten beim Gerichtshof
zu beantragen, bedarf der Stimmenmehrheit der zur Teilnahme an den
Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder.
Artikel 48 Gutachterliche Zuständigkeit des Gerichtshofs Der
Gerichtshof entscheidet, ob ein vom Ministerkomitee gestellter Antrag
auf Erstattung eines Gutachtens in seine Zuständigkeit nach Artikel
47 fällt.
Artikel 49 Begründung der Gutachten
(1) Die Gutachten des Gerichtshofs werden begründet
(2) Bringt das Gutachten ganz oder teilweise nicht die
übereinstimmende Meinung der Richter zum Ausdruck, so ist jeder
Richter berechtigt, seine abweichende Meinung darzulegen.
(3) Die Gutachten des Gerichtshofs werden dem Ministerkomitee
übermittelt.
Artikel 50 Kosten des Gerichtshofs
Die Kosten des Gerichtshofs werden vom Europarat getragen.
Artikel 51 Vorrechte und Immunitäten der Richter
Die Richter genießen bei der Ausübung ihres Amtes die Vorrechte und
Immunitäten, die in Artikel 40 der Satzung des Europarats und den auf
Grund jenes Artikels geschlossenen šbereinkünften vorgesehen sind.
Abschnitt III: Verschiedene Bestimmungen
Artikel 52 Anfragen des Generalsekretärs
Der Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch den
Generalsekretär des Europarats hat jeder Hohe Vertragsschließende
Teil die erforderlichen Erklärungen abzugeben, in welcher Weise sein
internes Recht die wirksame Anwendung aller Bestimmungen dieser
Konvention gewährleistet.
Artikel 53 Wahrung anerkannter Menschenrechte
Keine Bestimmung dieser Konvention darf als Beschränkung oder
Minderung eines der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgelegt
werden, die in den Gesetzen eines Hohen Vertragschließenden Teils
oder einer anderen Vereinbarung, an der er beteiligt ist, festgelegt
sind. Geschehen zu Rom am. November 1950 in englischer und
französischer Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise
maßgebend sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven
des Europarats verwahrt wird. Der Generalsekretär wird allen
Unterzeichnern beglaubigte Abdrucke übermitteln.
Artikel 54 Befugnisse des Ministerkomitees
Keine Bestimmung dieser Konvention beschränkt die durch Satzung des
Europarates dem Ministerausschuß übertragenen Vollmachten.
Artikel 55 Ausschluß anderer Verfahren zur Streitbeilegung
Die Hohen Vertragsschließenden Teile kommen überein, daß sie, es sei
denn auf Grund besonderer Vereinbarungen, keinen Gebrauch von
zwischen Ihnen geltenden Verträgen, šbereinkommen oder Erklärungen
machen werden, um von sich aus einen Streit um die Auslegung oder
Anwendung dieser Konvention einem anderen Verfahren zu unterwerfen,
als in der Konvention vorgesehen ist.
Artikel 56 Räumlicher Geltungsbereich
(1) Jeder Staat kann im Zeitpunkt der Ratifizierung oder in der Folge
zu jedem anderen Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär des
Europarats geichtete Mitteilung erklären, daß diese Konvention
vorbehaltlich des Absatzes 4 auf alle oder einzelne Gebiete Anwendung
findet, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist.
(2) Auf das oder die in der Erklärung bezeichneten Gebiete findet die
Konvention vom dreißigsten Tage an, vom Eingang der Erklärunbg beim
Generalsekretär des Europarats an gerechnet, Anwendung.
(3) In den genannten Gebieten werden die Bestimmungen dieser
Konvention unter Berücksichtigung der örtlichen Notwendigkeiten
angewendet.
(4) Jeder Staat, der eine Erklärung gemäß Absatz 1 dieses Artikels
abgegeben hat, kann zu jedem späteren Zeitpunkt für ein oder mehrere
der in einer solchen Erklärung bezeichneten Gebiete erklären, daß er
die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entgegennahme von
Beschwerden von natürlichen Personen, nichtstaatlichen Organisationen
oder Personengruppen gemäß Artikel 34 annimmt.
Artikel 57 Vorbehalte
(1) Jeder Staat kann bei Unterzeichnung dieser Konvention oder bei
Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde bezüglich bestimmter
Vorschriften dieser Konvention einen Vorbehalt machen, soweit ein zu
dieser Zeit in seinem Gebiet geltendes Gesetz nicht mit der
betreffenden Vorschrift übereinstimmt. Vorbehalte allgemeiner Art
sind nach diesem Artikel nicht zulässig.
(2) Jeder nach diesem Artikel gemachte Vorbehalt muß mit einer kurzen
Inhaltsangabe des betreffenden Gesetzes verbunden sein.
Artikel 58 Kündigung
(1) Jeder Hohe Vertragsschließende Teil kann diese Konvention nicht
vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Tage, an dem die Konvention für
ihn wirksam wird, und nur nach einer sechs Monate vorher an den
Generalsekretär des Europarats gerichteten Mitteiilung kündigen; der
Generalsekretär hat den anderen Hohen Vertragsschließenden Teilen von
der Kündigung Kenntnis zu geben.
(2) Eine derartige Kündigung bewirkt nicht, daß der betreffende Hohe
Vertragsschließende Teil in Bezug auf irgendeine Handlung, welche
eine Verletzung dieser Verpflichtungen darstellen könnte, und von dem
Hohen Vertragsschließenden Teil vor dem Datum seines rechtskräftigen
Ausscheidens vorgenommen wurde, von seinen Verpflichtungen nach
dieser Konvention befreit wird.
(3) Unter dem gleichen Vorbehalt scheidet ein Vertragsteil aus dieser
Konvention aus, der aus dem Europarat ausscheidet.
(4) Entsprechend den Bestimmungen der vorstehenden Absätze kann die
Konvention auch für ein Gebiet gekündigt werden, auf das sie nach
Artikel 56 ausgedehnt worden ist.
Artikel 59 Unterzeichnung und Ratifikation
(1) Diese Konvention steht den Mitgliedern des Europarates zur
Unterzeichnung offen; sie bedarf der Ratifikation. Die
Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär des Europarats zu
hinterlegen.
(2) Diese Konvention tritt nach der Hinterlegung von zehn
Ratifikationsurkunden in Kraft.
(3) Für einen Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation später erfolgt,
tritt die Konvention am Tage der Hinterlegung seiner
Ratifikationsurkunde in Kraft.
(4) Der Generalsekretär des Europarats hat allen Mitgliedern des
Europarats das Inkrafttreten der Konvention, die Namen der Hohen
Vertragsschließenden Teile, die sie ratifiziert haben, sowie die
Hinterlegung jeder später eingehenden Ratifikationsurkunde
mitzuteilen.
Geschehen zu Rom, am 4. November 1950 in englischer und französischer
Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise maßgebend sind, in
einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarats
verwahrt wird. Der Generalsekretär wird allen Unterzeichnern
beglaubigte Abdrucke übermitteln.